"Was ist das für
ein Projekt? " fragt mich Antonia. Ich erkläre einerseits
was es mit dem Container auf sich hat und andererseits das Projekt
KUNSTDIENST. Die zentrale Frage: Wieviel "Störung"
im öffentlichen Raum darf, soll, kann sein. Dieses Thema interessiert
und wir nehmen im Container Platz zu einem Gespräch.
Zunächst ist Carolin meine Gesprächspartnerin.
Kunst im öffentlichen Raum ist natürlich umstritten,
aber man kann nicht alle Leute fragen. Das geht nicht. Dann sieht
man nur was allen gut gefällt. Das ist dann nicht mehr interessant
und spannend.
Ich frage nach dem Zweck von öffentlichen Arbeiten.
Es ist gut wenn man zum Denken angeregt wird, aufmerksam gemacht
wird, wenn man konfrontiert wird.
Ist öffentliche Kunst politische Kunst?
Natürlich, Kunst ist auch politisch, aber nicht nur. Es geht
auch um das Ästhetische, vielleicht einfach nur um das Schöne.
Mir ist es immer wichtig daß ich etwas neu verstehe, Zusammenhänge
erkenne.
Das Gesellschaftliche und das Ästhetische wäre das
eine Definition von Kunst?
Richard mischt sich zum erstenmal in das Gespräch ein.
Das sind Aspekte, es gibt einfach verschiedene Bereiche, man weiß
es oft nicht so genau. Wie die Arbeit von Schlingensief, das könnte
alles mögliche sein. Das macht die Arbeit interessant.
Ich zeige die Arbeiten von Araki (vorher/nachher)
Für mich hat hier jemand eindeutig Probleme mit der Sexualität.
Ich verstehe schon, daß das angegriffen wird. Ich denke, das
ist auch ein Erziehungsproblem. Nicht jeder kann damit unkompliziert
umgehen. Vielleicht auch eine Frage der Reife. Es kann auch generationsbedingt
sein.
Wurdet ihr bei dieser Art von Eingriff eher von einer Interaktion
sprechen, und muß ein Künstler oder eine Künstlerin
diese direkte Form der Reaktion akzeptieren?
Wenn der Künstler eine Arbeit im ÖR präsentiert,
muß er akzeptieren, daß jemand dazu Stellung nimmt.
Ich finde auch die Übermalung gar nicht schlecht. Auch eine
gute Arbeit, hätte der Künstler auch selber machen können.
Das finde ich jetzt gut, daß du das gesagt hast. Ich habe
das zuerst nicht so gesehen, aber ich verstehe was du meinst.
Ich lese den aufgesprühten Text vor: Frauensolidarität
- Frauen wehrt Euch!
Das macht die Arbeit anders, aber auch gut In jeder Zeitung sieht
man ja nackte Frauen um irgend etwas zu verkaufen, und wenn es noch
so blöd ist. Frauen als Objekte, ich verstehe, daß das
jemanden stört.
Es geht um die "Interaktion" zwischen Publikum und
Künstler, die über die präsentierte Arbeit läuft.
Ich denke es handelt sich um ein Kommunikationsproblem, das auch
von Seiten der Künstler besteht. Wir sprechen über die
Chen - Zen Arbeit und über die Installation von N55.
Das ist schon mangelnder Respekt, wenn man Dinge entwendet, aber
wenn man es in den öffentlichen Raum stellt, dann muß
man mit Reaktionen rechnen und das ist ja irgendwie auch eine Antwort.
Könnte man das als eine Form von Dialog beschreiben?
Das kann man auf jeden Fall nicht ignorieren. Im Fall kommt es
jedoch auf jeden einzelnen Künstler an, ob und wie er oder
sie das akzeptieren kann
Ich denke es müssen in diesem Zusammenhang verschiedene
Entscheidungen getroffen werden: zum Beispiel was man wo ausstellt,
ob diese Form von Dialog akzeptiert werden kann oder nicht.......
Wie anfangs gesagt, man kann nicht alle Leute fragen.
Man fragt ja auch nicht jeden wie das Haushaltsdefizit zu beseitigen
sei. Einer der nicht raucht hat da ganz andere Vorstellungen oder
einer der nicht Auto fährt.
Aber man kann auch nicht ausschließen. Das finde ich nicht
gut. Darf ich dich fragen, was das für eine Pflanze auf dem
Tisch ist?
Ja, natürlich, das ist Basilikum, leider schon verstorben.
Sowas tut mir immer ein bißchen leid.
Aber vielleicht kann man es noch für eine Soße verwenden.
Vielleicht heut abend.
Es geht nicht darum jemanden auszuschließen, aber man sollte
schon was davon verstehen.
Aber es interessieren sich eben nur wenig Leute für Kunst,
also können auch nur wenige diese Entscheidungen treffen.
Warum interessiert ihr euch? Was bedeutet das für euch?
Regt zum Denken an, macht auf Dinge aufmerksam. Macht neugierig,
führt zu mehr Verständnis und Erkenntnis.
Wir kommen auf mein Lieblingsthema: Worin besteht denn der Unterschied
zur Wissenschaft?
Kunst braucht keine empirischen Beweise. Wissenschaft muß
objektive Aussagen machen
Ich denke es handelt sich bei wissenschaftlichen Untersuchungen
auch um einen Dialog, um Fragen und Antworten. Wird die Antwort
von der Art der Fragestellung bestimmt? Kann man das vermeiden?
Das ist ein gegenseitiges Sich Bedingen. Eigentlich gilt das für
alles im Leben Ich erfahre das häufig so im Leben, daß
das Ergebnis davon abhängt, was ich zuvor hineingebe. Was man
hineingibt bekommt man zurück. Das ist auch in der Kunst so.
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